Aktuelles aus dem
nutriCARD-Cluster

Nutricard soll Lebensmittel gesünder machen

Erstellt von Corinna Bertz, MLU Halle-Wittenberg |

Egal ob Pizzen, Süßigkeiten oder Chips: Wir wissen, wie ungesund manche Lebensmittel sind, und möchten dennoch nicht auf sie verzichten. Statt unsere Essgewohnheiten zu verändern, wollen Forscher der Universitäten Halle, Jena und Leipzig im Kompetenzcluster Nutricard deshalb die Lebensmittel gesünder machen. Ziel ist es, dadurch langfristig Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Denn sie führen in Europa am häufigsten zum Tod. Heute kommen die Nutricard-Forscher in Jena zu einem Arbeitstreffen zusammen.

Wie gesund ein Lebensmittel für den Menschen ist, das steht bei seiner Herstellung nicht unbedingt im Vordergrund. „Nehmen Sie zum Beispiel Weißbrot. Lange Zeit war die Industrie stolz auf das weiße, kleiefreie Mehl, das sie herstellen konnte“, sagt Prof. Dr. Gabriele Stangl, die das Nutricard-Projekt an der Universität Halle koordiniert. „Bis Ernährungswissenschaftler feststellten, wie wichtig Ballaststoffe für unsere Gesundheit sind.“ Seitdem ist die Auswahl an Vollkornprodukten wieder gestiegen.

Im Rahmen von Nutricard will die Professorin für Humanernährung gemeinsam mit ihren Kollegen von den Universitäten in Jena und Leipzig sowie mit Partnern aus der Industrie gesündere Lebensmittel für das Herz entwickeln. Und nicht nur das: Zugleich wollen die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen intensiver erforschen und mit entsprechenden Kommunikations- und Bildungskonzepten gesunde Ernährung in Mitteldeutschland stärker in den Fokus rücken. In Thüringen und Sachsen-Anhalt leben besonders viele Kinder mit Übergewicht – ein Risikofaktor. Auch bei der Herzinfarkt-Sterblichkeit steht Sachsen-Anhalt unter allen Bundesländern an zweiter Stelle.

Im September 2014 haben die drei mitteldeutschen Unis vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Zuschlag für das Kompetenzcluster Nutricard erhalten, im Mai dieses Jahres haben die Wissenschaftler ihre Arbeit aufgenommen. Das Verbundprojekt wird vom BMBF in den ersten drei Jahren mit insgesamt knapp fünf Millionen Euro gefördert. Mehr als 70 Partner, darunter Unternehmen ebenso wie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, sind bereits beteiligt.

Während die Leipziger derzeit testen, wie sie insbesondere die gesättigten Fettsäuren in Wurst reduzieren und ersetzen können, wird in Jena die blutdrucksenkende Wirkung von ungesättigten Omega-3-Fettsäuren untersucht. Gemeinsam mit Medizinern des Universitätsklinikums Halle erforscht Gabriele Stangl indes, wie sich hohe Phosphatmengen in Lebensmitteln auf das Herz auswirken und ob Vitamin-D-Mangel die Herzfunktion beeinträchtigt.

Vitamin-D aus dem Hühnerstall?

Für ein zweites Projekt begibt sie sich in den Hühnerstall: Durch mehr Licht im Stall will sie dort den Vitamin-D-Gehalt der Eier erhöhen. Denn auch ein niedriger Vitamin-D-Spiegel wird mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zahlreichen anderen Krankheiten wie Knochenbrüchigkeit, Krebs, Muskelschwäche und bestimmten Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht.

Mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland ist in den Wintermonaten nur mangelhaft mit dem Vitamin versorgt. Denn um selbst genügend Vitamin D zu produzieren, braucht der Mensch Sonnenlicht auf seiner Haut. Über Lebensmittel kann das Vitamin bislang kaum in ausreichenden Mengen aufgenommen werden. Die derzeit einzige Lösung seien Nahrungsergänzungsmittel. „Aber gerade diejenigen, die eine solche Zusatzversorgung benötigen, erreichen wir oftmals nicht“, weiß Stangl.

Vitamin-D-reiche Eier könnten eine Lösung sein. Wie der Mensch können auch Hühner durch Lichteinstrahlung höhere Mengen an Vitamin D selbst produzieren. Das machen sich die Forscher um Gabriele Stangl zunutze. Derzeit beobachten sie, wie die Hühner auf ein Ultraviolett-Licht reagieren. „Wir orientieren uns dabei an einem Tag mit drei bis sechs Sonnenstunden. Die Tiere haben aber die Wahl“, betont Stangl. „Sie können sich unter der Lichtquelle aufhalten, müssen es aber nicht.“ Die ersten Tests haben ergeben, dass sich das Verhalten der Hühner durch das Licht nicht verändert. „Es scheint sie zumindest nicht zu stören.“ In einem nächsten Schritt soll der Versuch in einem Großstall in der Region durchgeführt werden.

Ein Ziel der Forscher: Weniger Salz in Lebensmitteln

Die frühzeitige Zusammenarbeit mit Unternehmen der Region ist ein zentraler Bestandteil des Kompetenzclusters. Zu diesem Zweck wurde am Weinberg-Campus ein eigenes Innovationsbüro eingerichtet, das der Ernährungswissenschaftler Dr. Toni Meier, leitet. „Über das Büro sucht und hält Toni Meier den Kontakt zu den Unternehmen in der Region.“ Anhand von Befragungen wollen die Nutricard-Forscher zunächst mehr über die Interessen und Erwartungen der Firmen erfahren, um herauszufinden, wo konkrete Anknüpfungspunkte bestehen und wie eine Kooperation aussehen könnte.

Nach drei Jahren wird das Cluster dann vom BMBF evaluiert. Ein zentrales Thema, dem sich die Forscher in einer möglichen zweiten Förderphase widmen wollen, kann Gabriele Stangl bereits heute benennen: Nicht nur gesättigte Fettsäuren sollen in Lebensmitteln langfristig reduziert werden, auch der Salzgehalt soll sinken. „Wir wissen, dass der hohe Salzgehalt in den Lebensmitteln, die derzeit produziert werden, bei vielen Menschen zu hohem Blutdruck führt und damit auch das Risiko für viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Uns stellt sich deshalb die Frage: Wie weit kann man den Salzgehalt von Lebensmitteln senken, ohne dass es für den Menschen geschmacklich einen Unterschied macht?“

In den USA sei es bereits gelungen, durch eine Absprache in der Lebensmittelindustrie den Salzgehalt in Lebensmitteln zu senken. Damit vergleichbare Erfolge auch in Mitteldeutschland erzielt werden können, wollen die Wissenschaftler ihre Forschung nach der zweiten Förderphase in einem mitteldeutschen Zentrum für Ernährungsforschung verstetigen.

As part of the “nutriCARD” project, Stangl, who is a professor of human nutrition, is working with colleagues from Jena and Leipzig and with partners from industry on developing food that is better for the heart. In addition, the researchers want to investigate the links between diet and cardiovascular diseases in more detail, and to run information campaigns that will place more focus on healthy eating in Central Germany. A particularly large number of children in the states of Thuringia and Saxony-Anhalt are overweight. Saxony-Anhalt is also the federal state with the second-highest mortality rate for heart attacks in Germany. The German Federal Ministry of Education and Research (BMBF) awarded the three Central German universities funding for the “nutriCARD” competence cluster in September 2014.

 

Vitamin D from the henhouse?

The researchers began their work in May of this year. The BMBF will channel almost 5 million euros into the joint project over the first three years. More than 70 partners, including businesses and non-university research institutions, are already involved. While the Leipzig researchers are currently testing ways of reducing and replacing saturated fatty acids in sausage, the team in Jena are researching the potential of unsaturated Omega 3 fatty acids to reduce blood pressure. Meanwhile, Gabriele Stangl is working with doctors from University Hospital Halle to investigate how high levels of phosphate in foods affect the heart, and whether a lack of vitamin D impairs heart function.

As part of a second project, Stangl is looking at increasing levels of light in henhouses to boost the vitamin D content of eggs. This is because low vitamin D levels are connected to cardiovascular diseases and to numerous other illnesses such as cancer, muscle weakness and certain autoimmune diseases. Apparently, over half of the German population do not receive enough vitamin D during the winter. Humans need to be exposed to sunlight in order for their bodies to produce enough vitamin D. As things currently stand, it is extremely difficult to get sufficient quantities of the vitamin from food. For now, food supplements are the only solution. “But we often can’t reach the people who really need them,” says Stangl.

Eggs rich in vitamin D could be one answer to the problem. Chickens, like humans, can produce more vitamin D if they are exposed to more sunlight. Professor Stangl and her team of researchers aim to take advantage of this. At the moment, they are observing how chickens react to ultraviolet light. “We’re basing the work on a day with three to six hours of sunlight,” she says, emphasising that the birds are free to choose whether or not to sit under the light source. The first tests showed that the light does not change the chickens’ behaviour. “It doesn’t seem to bother them, at least,” she says. The next step is to try the experiment in a large henhouse in the region.

Collaborating with regional businesses at an early stage is a key feature of the competence cluster. With this in mind, a dedicated innovation office led by nutritional scientist Dr Toni Meier has been set up on the Weinberg Campus. “Toni Meier seeks and maintains contact with regional businesses via the office,” says Stangl. The “nutriCARD” researchers plan to use questionnaires to learn more about the companies’ interests and expectations. This will allow them to identify specific starting points and work out what form collaboration could take.

Reducing people’s salt intake

The BMBF will conduct an evaluation of the cluster after three years. Professor Stangl can already name one of the main issues that the researchers want to address if they receive a second round of funding: reducing the salt content of food. “We know that the high levels of salt found in foods being produced today lead to high blood pressure in many people and therefore also increase the risk of developing many types of cardiovascular disease. Therefore, we want to find out how much salt we can remove from food without affecting the taste.”

Professor Stangl explains that the United States has already succeeded in reducing the salt content of its food, thanks to an agreement reached with the food industry. To achieve comparable success in Central Germany, the researchers aim to consolidate their work after the project’s completion by setting up a Central German institute for nutrition research. 

zur Mitteilung