nutriCARD: Liebe Frau Riedel, wir freuen uns sehr, dass Sie kommende Woche zu unserer nutriCARD-Filmreihe Lecker Kino! nach Jena kommen und uns Ihre Lebenseinstellung vorstellen! Bitte erzählen Sie uns, an welchem Punkt in Ihrem Leben Sie sich entschieden haben, Ihre Leidenschaft für die Natur in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen.
Anja Riedel: Mein ganzes Leben lang habe ich mich immer sehr zur Natur und vor allem den Tieren hingezogen gefühlt. Allerdings habe ich dieses Thema durch Schule und Studium aus den Augen verloren. Mit meiner ersten Schwangerschaft am Ende des Studiums habe ich mir wieder mehr Gedanken darüber gemacht, wo meine Nahrung her kommt und wie ich gesunde Lebensmittel beziehen kann. Außerdem habe ich als Ausgleich zum Studium begonnen auf dem Balkon zu gärtnern und schnell gemerkt, dass es das ist, was ich eigentlich machen sollte. Raus in die Natur, die Hände in den Boden, und Beeren essen direkt vom Strauch. Also war nach dem Studium schnell klar, dass ich meine eigenen Lebensmittel für meine Familie und für mich anbauen wollte.
nutriCARD: Sicherlich gibt es im Gartenalltag immer wieder Herausforderungen, die eine schnelle und direkte Lösung verlangen. Wie leicht fällt es Ihnen, hier entsprechende Maßnahmen zu finden und umzusetzen? Sind Sie mit anderen Selbtversorger:innen vernetzt und können sich über die tägliche Arbeit austauschen?
Anja Riedel: Ich würde mich als kreativen Menschen beschreiben und ich sehe es auch nicht so eng, wenn eine Kultur im Garten nicht so gedeiht, wie ich es gern hätte. Ich bin im Garten sehr vielfältig und breit aufgestellt, sodass es trotz Ernteausfällen immer noch genügend andere Kulturen gibt, die gut laufen. Außerdem gleicht kein Jahr dem anderen und es gibt immer Kulturen, die besser oder schlechter sind. Im Thema Tierhaltung bin ich dann schon nicht mehr so entspannt, wenn es Probleme gibt, da ich sehr an meinen Tieren hänge. Man wächst mit seinen Aufgaben. Leider bin ich nicht mit anderen Selbstversorger:innen im täglichen Austausch vernetzt. Zu Beginn meiner Zeit im Garten habe ich große Hilfe von meinem Großvater erhalten, wofür ich sehr dankbar bin. Über die Jahre habe ich jedoch meinen eigenen Stil zu gärtnern entwickelt und orientiere mich stark am Konzept der Permakultur. Gute Tipps bekomme ich allerdings auch durch meine Zuschauer auf meinem YouTube-Kanal.
nutriCARD: Hand aufs Herz: Können wir mit dem Umdenken im Kleinen die konventionelle, auf Massenproduktion ausgerichtete Landwirtschaft verändern? Und was kann Ihrer Meinung nach jede*r beitragen, um die Natur zu schützen?
Anja Riedel: Ja, ich denke, dass wir das schaffen können. Allerdings ist dafür ein großes Umdenken nicht nur vom Produzenten, sondern auch vom Konsumenten erforderlich. Lebensmittel müssen wieder mehr Wertschätzung erhalten und auch der Konsument müsste an sich arbeiten und seine Ernährung umstellen. Das ist ein riesiges Thema, worüber man vermutlich ganze Bücher füllen könnte. Der Fleischkonsum müsste natürlich erheblich sinken und das Tierwohl an erster Stelle stehen. Die Monokulturen auf unseren Feldern müssten ersetzt werden durch Agroforstsysteme mit hoher Diversität, und auch im Kleinen können natürlich viel mehr Menschen auf Balkon und Fensterbrettern die Welt ein wenig grüner machen und für sich und ihre Liebsten ein paar Lebensmittel anbauen.
nutriCARD: Vielen Dank, Frau Riedel, für das Gespräch! Wir sind sehr gespannt auf ihre Erfahrungen und die Diskussion mit Ihnen im Anschluss an „Unser Boden, unser Erbe“!