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160.000 Tote wegen zuviel Fett, Salz und Zucker

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören mit jährlich über 300.000 Fällen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Die Hälfte dieser Todesfälle hätte man verhindern können, wenn sich die Betroffenen gesünder ernährt hätten. Das stellen Forscher der Universität Halle-Wittenberg in einer neuen Studie fest.

von Wissenschaftsredakteurin Annegret Faber, MDR Wissen

 

Was haben Sie bei Ihrem letzten Restaurantbesuch gegessen? Schweinebäckchen in Rotweinsoße oder Gemüse mit Pilzen und geröstete Nüsse? In einer neuen Studie fordert der Hallenser Ernährungswissenschaften Dr. Toni Meier, sich öfter mal für Letzteres zu entscheiden: "Man muss genauer hinschauen, aber verzichten muss keiner." Genauer hinschauen heißt in dem Fall, die Zutatenliste lesen. Der Experte sagt: Selbst Schnitzel oder Pizzen könnten mit entsprechenden Zutaten gesund sein. "Eine Tiefkühlpizza kann gut zusammengesetzt sein oder schlecht."

GLOBALE KRANKHEITSLASTENSTUDIE

Doch was ist gut und was ist schlecht für unser Herz? Das haben Toni Meier und seine Kollegen untersucht. Als Datengrundlage nutzen sie die globale Krankheitslastenstudie aus den USA. Daten aus 195 Ländern fließen dort zusammen. Daraus filterten die Forscher Krankheiten und Essgewohnheiten aller europäischen Länder - einschließlich Deutschlands - im Zeitabschnitt 1990 bis 2016. Dabei entdeckten sie folgende Ernährungsfehler, erklärt Meier: "Das geht bei einem zu geringen Verzehr von Vollkorn-Getreideprodukten los und geht weiter bei einem zu niedrigen Verzehr von Früchten, Hülsenfrüchten, Gemüse, Nüssen, Samen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Dafür werden zu viel Salz, zu viel zuckersüße Getränke und zu viele Transfettsäuren verzehrt."

Alles "Binsenweisheiten", die Forscher seit Jahren fordern, fügt der Ernährungswissenschaftler noch an: "Aber es scheitert oft bei der Umsetzung in der Praxis und gerade auch bei der Herstellung von verarbeiteten Lebensmitteln."

EINE MILLION TOTE WEGEN FEHLERNÄHRUNG

Die Hallenser Forscher servieren jetzt die Rechnung für dieses Fehlverhalten. Eine Millionen Menschen seien 2016  in Europa gestorben, weil sie zu oft Cola, Pommes und Schokolade aßen. Ihre Diagnose: Tod durch Schlaganfall, auch Gehirnschlag genannt, oder Herzinfarkt. Allein in Deutschland hätten in diesem einen Jahr 160.000 Menschen diese Diagnose serviert bekommen, sozusagen "post mortem". Das sind 46 Prozent aller Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, also fast die Hälfte. Und die Liste der Ernährungsopfer steigt in Deutschland jedes Jahr im Schnitt um 5.000.

PROBLEM WEISSMEHLPRODUKT

Toni Meier erkennt aus den Daten ein neues Problem: "Wir haben ja 26 Jahre betrachtet - von 1990 bis 2016 - und gesehen, dass es eine zunehmenden Verzehr von Weißmehlprodukten gab, sprich Auszugsmehl. Aber Auszugsmehl enthält keine Ballaststoffe und das hat dazu geführt, dass in manchen Ländern eine Zunahme der Krankheitslast beobachtet wurde." So übrigens auch in Deutschland.

VERZEHR-ERHEBUNGEN ZUVERLÄSSIG

Doch kann man wirklich so genau sagen, 'Diese Menschen sind am schlechten Essen gestorben' und nicht, weil sie zu viel geraucht oder getrunken haben? Wie können die Forscher das unterscheiden? Dazu Ernährungswissenschaftler Meier: "Es werden ja regelmäßig Verzehr-Erhebungen in den Ländern durchgeführt. Und man macht sich bei der Institution in den USA die Mühe, alle Studien, die weltweit erstellt werden, zu berücksichtigen. Das ist ein riesiger, unvorstellbarer Aufwand, aber man hat dort die Manpower, das zu tun. Und dann gibt es auch große epidemiologische Untersuchungen."

FORSCHER FORDERN KONSEQUENZEN

Die Datenmenge von tausenden Probanden würde es möglich machen, Unsicherheitsfaktoren auszuschließen und tatsächlich nur Daten zu nutzen, die deutliche Hinweise geben. Die Forscher fordern nun, die Ergebnisse umzusetzen. Das hieße: Fertigprodukte nach und nach so umzuwandeln, dass sie weniger Salz, weniger Fett, weniger Zucker, weniger feines Weizenmehl enthalten. Dieses Potenzial soll genutzt werden, sonst macht der Wirt die Rechnung ohne den Gast, fordern Meier und seine Kollegen.

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Dr. Toni Meyer
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Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften
c/o Innovationsbüro nutriCARD
Von-Danckelmann-Platz 2
06120 Halle

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Dr. Toni Meier: "Zu wenig Vollkorn, zu viel Fett und süße Getränke."Bildrechte: Quelle/Rechte: Universität Halle-Wittenberg