Aktuelles aus dem
nutriCARD-Cluster

nutriCARD erforscht Ernährungskommunikation als Einflussfaktor für gesunde Ernährung

Qualitätskriterien für Ernährungsjournalismus Foodblogger-Studie

Essen dient längst nicht mehr allein der Nahrungsaufnahme. Kochshows, Foodblogs und Bestseller-Ratgeber, aber auch neue Lebensmittel, Ernährungskonzepte und Marketing-Versprechen stilisieren Ernährung zu einer Art Popkultur. Damit der Verbraucher nicht den Überblick verliert, wird eine zielgruppengerechte Übersetzung gesundheits- und ernährungsrelevanter Forschungsergebnisse immer wichtiger. Das ist eines der Ziele des Kompetenzclusters für gesunde Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD) Halle-Jena-Leipzig.

"Wie Essen heilen kann", "Veganer leben länger", "Zucker macht krank": Ernährungsthemen finden sich täglich in allen journalistischen Medien, vom Nachrichtenportal über das Wochenmagazin bis zur Lokalseite. In TV, Radio, Print und im Internet berichten Journalisten in der kurzen Meldung, dem serviceorientierten Ratgeberstück oder der Titelgeschichte über Lebensmittel, Ernährungsformen und Diäten. Mal mehr, mal weniger kritisch, teils euphorisch, teils objektiv. Das Interesse eines breiten Publikums ist gewiss. "Und das ist gerade das Problem: Es gibt viele widersprüchliche Informationen, die beim Verbraucher eher Unsicherheit auslösen können", sagt Dr. Tobias D. Höhn vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und Leiter des Kommunikationsbüros des Kompetenzclusters.

Mit dem "Medien-Doktor Ernährung" wird nutriCARD (in Kooperation mit dem Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus der TU Dortmund) erstmals regelmäßig und nach festgelegten Qualitätskriterien die Berichterstattung kritisch beleuchten. "Wir möchten Journalisten, Medienunternehmen, aber auch die Verbraucher sensibilisieren, worauf es in der Berichterstattung über Ernährung ankommt, wo die Fallstricke liegen und welche Informationen für Verbraucher wirklich wichtig sind. Vor allem, wenn Wissenschaft und Forschung mit im Spiel sind und den Berichten eine besondere Seriosität und Verlässlichkeit verleihen sollen", sagt Höhn.

Zum Forschungsfeld Ernährungskommunikation gehören aber nicht nur klassische Massenmedien, sondern auch soziale Medien ebenso wie die Experten- und Laienkommunikation, also Arzt-Patienten-Gespräche oder der Besuch beim Ernährungsberater und natürlich Gespräche im Freundes- und Kollegenkreis. "Wo, wann, mit wem, was und wie Menschen essen, spiegelt die Gesellschaft in ihrer Heterogenität wider. Globalisierung, durchlässige Lebensstile und sich laufend verändernde Rahmenbedingungen lassen den Ernährungsalltag immer komplexer werden", sagt nutriCARD-Clustersprecher Prof. Dr. Stefan Lorkowski von der Universität Jena. "Die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit zum Thema Ernährung wächst leider nicht im selben Maß wie eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise."

nutriCARD-Medienforscher Höhn fordert daher: "Wir brauchen klare, auf einzelne Zielgruppen gerichtete Botschaften, um einen gesamtgesellschaftlichen Verständigungsprozess bewerkstelligen zu können - und das Dickicht der Informations- und Reizüberflutung zu durchbrechen." Um dies zu erreichen, müsse zunächst die Methodik der Ernährungskommunikation weiter erforscht werden.

nutriCARD setzt auf einen multiperspektivischen Ansatz. In einer Berufsfeldstudie sollen Journalisten, die regelmäßig über Ernährung berichten, befragt werden. Auch Foodblogger als Intermediäre der Kommunikation mit teilweise mehreren tausend Followern werden in die Studie integriert. Und nicht zuletzt geht es auch darum, Informationswege nachzuzeichnen. "Der Pfad von wissenschaftlichen Ergebnissen über Pressemitteilungen und journalistischer Berichterstattung bis hin zur öffentlichen Diskussion ist verschlungen und daher äußerst spannend, auch weil Informationskreisläufe seit der Digitalisierung keiner linearen Struktur mehr folgen", sagt Höhn. Gerade in der Wissenschaftskommunikation gehören Individuen in ihrer Rolle als Selbstvermarkter immer mehr zu den Akteuren des öffentlichen Diskurses. "Wenn wir hier Licht ins Dunkel bringen, ist das ein wichtiger Schritt zu einer aufgeklärteren Öffentlichkeit. Dann kann jeder selbst entscheiden und bewerten, ob Essen wirklich heilen kann."

Der Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD) bündelt die Aktivitäten im Bereich der grundlagennahen und der angewandten Ernährungsforschung der im mitteldeutschen Universitätsbund kooperierenden Universitäten Jena, Leipzig und Halle-Wittenberg. nutriCARD wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Rund 40 Wissenschaftler und 80 Praxispartner arbeiten an der Entwicklung effizienter Konzepte für eine nachhaltige Prävention von Herzkreislauf-Erkrankungen (Todesursache Nummer eins in Deutschland und Europa). Ein wesentlicher Baustein dafür ist auch Ernährungskommunikation und -Bildung.